Es klingt so bescheiden, fast beiläufig: „Ich hatte einfach Glück.“
Ein Satz, der in seiner Demut sympathisch wirkt, aber zugleich verschleiert, was wirklich geschehen ist. Denn was wir Glück nennen – jenes berühmte „zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein“ – ist selten ein Lotteriegewinn. Viel öfter ist es die Summe aus Bereitschaft, Ausdauer und innerer Wachheit.

Es ist kein Glück. Es ist Engagement. Der Glaube an das reine Zufallsglück ist bequem. Er enthebt von Verantwortung. Er suggeriert, dass Erfolg, Erkenntnis oder Fügung einem ohne eigenes Zutun zufallen – wie die Sonne, die plötzlich durch die Wolken bricht. Der Himmel aber ist meistens bedeckt, wenn die wichtigsten Entscheidungen getroffen werden wollen. Wer auf Sonnenstrahlen wartet, verpasst den Augenblick.

Engagement – das klingt im ersten Moment nach Pflicht, nach Mühe, nach dem Gegenteil von Glück. Doch genau in dieser bewussten Haltung liegt der Schlüssel. Wer sich einmischt, mitdenkt, zuhört, Fragen stellt und Antworten richtig einordnet, der schafft sich eine Topografie der Möglichkeiten. Er weiß vielleicht nicht, wann der Moment kommt, aber er hat geübt, ihn zu erkennen, wenn er da ist. Denn der „richtige Ort“ ist nicht immer ein geografischer.

Es ist auch ein innerer Raum. Eine Haltung. Ein Zustand des Bereitsseins. Und die „richtige Zeit“ ist nicht auf der Uhr abzulesen, sondern im Spalt zwischen dem Alten, das bröckelt, und dem Neuen, das noch nicht greifbar ist. Wer sich dort aufhält – aufmerksam, geduldig, beweglich – wird als „Glückspilz“ erscheinen. Dabei ist er schlicht wach geblieben, während andere schliefen.

Natürlich lässt sich nicht alles planen. Es gibt Zufälle, die wirklich vom Himmel fallen. Aber selbst dann entscheidet nicht der Zufall über das, was daraus wird, sondern die Art, mit ihm umzugehen. Glück ist kein Geschenk. Es ist eine Fähigkeit. Engagement bedeutet, sich selbst als Teil des Geschehens zu begreifen. Nicht Zuschauer, sondern Mitgestalter zu sein.

Die Tür öffnet sich nicht von selbst – aber wer sie längst gesehen hat, muss nicht lange suchen. Wer fragt, wer zweifelt, wer neugierig bleibt, hat längst den ersten Schritt getan. Am Ende ist das vermeintliche Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, selten ein Wunder. Es ist eine Form der Entschlossenheit. Eine, die sich nicht in lauten Gesten zeigt, sondern im stillen Arbeiten, im Aushalten der Leere, im Glauben an den nächsten möglichen Schritt.

Glück ist keine Frage des Ortes. Es ist eine Frage der Haltung. Und das ist vielleicht die unbequemste, aber zugleich die befreiendste Erkenntnis überhaupt.