Manchmal hilft ein Trick. Kein grober. Ein leiser. Einer, der sich nicht aufdrängt, sondern sich ins Problem schleicht wie ein Gedanke, der zu spät kommt und trotzdem alles ändert.
„Spielerisch an Probleme herangehen“ – das klingt nach Ratgeberprosa, nach Pädagogentango und Sonntagabend-Therapiegruppe. Ich weiß. Ich reagiere auch allergisch auf Zwangsoptimismus. Aber das Spielerische, richtig verstanden, ist kein Eskapismus. Es ist Methode. Haltung. Und in den besseren Momenten: Erkenntnis.
Denn was ist eine psychische Störung anderes als ein System? Ein fein austariertes, oft jahrelang perfektioniertes Arrangement aus Gedanken, Mustern, Rückzügen, Angriffen, Sicherungen, Fluchten. Kein Unfall. Eine Architektur. Und wie bei jedem Bauwerk lässt sich auch hier sagen: Es könnte anders geplant worden sein. Und es kann anders bewohnt werden.
Die Spieltheorie – trocken wie Kreide und zugleich voller Drama – betrachtet solche Systeme als Spiele. Nicht im kindlichen Sinn, sondern im strategischen: mit Rollen, Regeln, Zügen, Optionen. Wer sich ängstlich verhält, verfolgt einen Zweck. Wer vermeidet, hat Gründe. Auch das Schweigen, das Zögern, das Sich-Entziehen – alles Züge im großen Spiel mit dem Leben, dem Anderen, dem Selbst.
Das Spielerische bringt Distanz. Man wird Spieler, nicht bloß Spielfigur. Und vielleicht sogar Spielleiter. Man beginnt, Züge zu analysieren, statt nur zu erleiden. Man erkennt Muster, dort wo vorher nur Nebel war. Und wenn man genau hinsieht, erkennt man: Die Regeln waren nie in Stein gemeißelt. Sie wurden nur nie in Frage gestellt.
Vielleicht ist das die eigentliche Befreiung: nicht der Sprung ins Licht, sondern der erste Zug in eine neue Richtung. Ein Versuch. Eine Abweichung. Ein Regelbruch. Kein Triumph, aber ein anderes Spiel.
Und manchmal reicht das schon, um sich nicht mehr wie der Fehler im System zu fühlen – sondern wie der, der begonnen hat, das System zu durchschauen.
